Nein, Caddy, dort nicht mehr. Es hat zeitliche Gründe. Ich habe zuviel am Hals, das ich mir noch vorgenommen habe. Inhaltlich war ich einverstanden. Die Streit Kultur hatte mich beeindruckt. Entschuldige, dass ich so spät antworte.
Nun geht es mir um den Vatikan, der in die Schusslinie von Rabbinern geriet, wie ein Spiegel Online Bericht zeigt:
Was hat Benedikt XVI. getrieben, in der neuen, lateinischen Fassung der Karfreitagsfürbitten zu formulieren: "Lasset uns beten für die Juden, dass unser Gott und Herr ihre Herzen erleuchte, damit sie Jesus Christus als den Heiland aller Menschen erkennen"?
Da ist sie wieder: Jene alte Vorstellung, der jüdische Glaube sei defizitär. Jene Geringschätzung des jüdischen Selbstverständnisses. Jene Obsession, die darin besteht, zu meinen, das Judentum - Volk Gottes - komme nur zu Gott, wenn es an Jesus Christus glaubt. Jene Tradition der Missachtung, wonach Juden angeblich nicht mehr zur Gotteserkenntnis fähig sind, weil ihr Herz, so die Karfreitagsliturgie von 1570, nach der Jahrhunderte lang gebetet wurde, verschleiert sei. Jene dunklen Schatten der Vergangenheit, in der Juden am Karfreitag im Namen Gottes verjagt und getötet wurden.
Die Fürbitten der Katholiken stehen im Zusammenhang mit der Vorhölle, aus der alle Seelen nur durch fremde Hilfe, nämlich durch die Fürbitten der Lebenden, herauskommen. Die Lasten in der Vorhölle entstehen oder häufen sich bereits zu Lebzeiten. Der Einzelne hat sie dann zu verantworten. Die Binde um die Augen der Synagoge wird so interpretiert, dass Fürbitte vonnöten sei. Sie ist auf vielen Plastiken des Mittelalters zu sehen, so auch im Bamberger Dom. Die Synagoge ist blind, die Ecclesia hellwach, so glaubt man im Vatikan.
Die Hilfsbereitschaft von Benedikt XVI. kam schlecht an. Aus Sicht der Juden ist die Synagoge wach, die Ecclesia blind. Diese Überzeugung ist ebenso richtig. Wahrscheinlich haben beide eine völlig falsche Gottes Vorstellung. Vom Islam will ich gar nicht erst reden. Die Kabbalah im Judentum öffnet weise Vorstellungen, die dem Christentum weitgehend verschlossen sind. Daher ist das Judentum weit umfangreicher und bedeutender als nur ein mehr oder weniger störrisches Objekt christlicher Fürbitten.
Wie unklar christliche Interpretations Versuche über den eigenen Glauben sein können, bewies kürzlich Kanzlerin Angela Merkel. Sie berichtete über ihren eigenen Glauben und sagte, "Christus hat uns gezeigt, wie man leben kann".
Christus lehrte abgetrennt von einer Familie, heilte im Sinne seiner Lehre und litt in der Passion als Märthyrer seiner Lehre. Von "Leben" im Sinne der Bedeutung "wie man leben kann" vermag ich nichts zu erkennen. Wenn Christen selbst nicht so genau wissen, woran sie eigentlich glauben, wie können sie dann das Judentum kritisieren, aus dem unter anderem beispielsweise auch diese eine Lehre entstand?
Wo ist das Leben hinter dieser Lehre. zu finden? In der Lehre selbst? In der Mission? In der Angst vor den Leiden im Fegefeuer? In Heils Versprechungen oder Höllen Drohungen? In christlicher Weltverbesserung? In der Taufe als Teil-Überwindung einer theoretischen Erbsünde? In Erlösungs Versprechungen nach prinzipieller Sündhaftigkeit? In einer einengenden und die persönliche Freiheit beraubende Verhaltens Lehre nach dogmatischen Vorgaben? In der Kontrolle im Beichtstuhl?
Natürliches Leben ist anders. Die christliche Lehre scheint unnatürlich zu sein, scheint abzulenken, von sich selbst, von der Familie, von der Harmonie der Schöpfung, dem Respekt gegenüber Tieren und Pflanzen, abzulenken auch von der Eroberung eigener Chancen aufgrund von Begabungen.
Im Vordergrund stehen die Lehre, dann die Dogmatik, religiöse Interpretationen und Schrift Auslegungen. Menschen lernen durch Vorbilder, sie ahmen sie nach, sie hören gar nicht so sehr auf den Inhalt religiöser Lehren. Vielmehr ahmen sie das Lehren selbst nach, das Segnen, das Versprechen, das Wunderheilen, das Martyrium. Das Heils Versprechen des Christentums scheint eine Illusion zu sein, die am wirklichen Leben vorbeigeht, in vermeintlich hohe Sphären einer illusionären himmlischen Liebe ausweicht und Inhalte einfachen, natürlichen Lebens verdächtigt.