Totenschädelaffäre deutscher Soldaten in Afghanistan

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Totenschädelaffäre deutscher Soldaten in Afghanistan

Beitragvon micha » Do Okt 26, 2006 07:02:02:

Dem allgemeinen Geheule von Politikern und Journalisten ob der angeblich unappetitlichen und obszönen Spielerei einiger unserer Soldaten mit einem Totenschädel kann ich nicht folgen. Mit meiner Auffassung schwimme ich dagegen. Es genügt, einen der vielen Kommentare, der heute im Spiegel-Online erschien, herauszugreifen, um die helle Aufregung zu beleuchten.

KOMMENTAR
Alptraumbilder aus den Killing Fields
Von Claus Christian Malzahn
Heute hat das Kabinett die Verlängerung des KSK-Einsatzes in Afghanistan beschlossen - kurz nachdem der Skandal um makabre Bundeswehr-Bilder an die Öffentlichkeit gelangte. Hat die deutsche Armee out of area die Bodenhaftung verloren?
Berlin - Die Bundeswehrsoldaten, die im Frühjahr 2003 während einer Patrouille vor den Toren Kabuls ihre makabren Spiele mit einem Totenschädel trieben und diese nekrophilen Späße gleichzeitig auch noch fotografisch festhielten, müssen mit disziplinarischen und strafrechtlichen Konsequenzen rechnen.
Nach den Zweifeln am gesetzestreuen Verhalten von Mitgliedern des Kommandos Spezialkräfte (KSK) in Afghanistan passt diese unappetitliche Geschichte heute bestens ins Bild einer durchgeknallten deutschen Armee, die in Afghanistan langsam, aber sicher die Bodenhaftung zu Verfassung und Grundgesetz verloren hat.
Denn die Würde des Menschen ist im Krieg durchaus antastbar, egal ob bei Misshandlungen von Gefangenen oder bei Streifenfahrten, bei denen man zum Zeitvertreib Basketball mit Totenköpfen spielt. Solche Vorkommnisse sind nicht zu entschuldigen, auch nicht mit der besonderen Dauerstresssituation, mit der Soldaten in Krisen- und Kriegsgebieten fertig werden müssen.
Auch die Regierung ist verantwortlich
Doch es wäre heuchlerisch, die Verantwortung für solche Ungeheuerlichkeiten nur bei den unmittelbaren Tätern abzuladen. Die Bilder stammen aus einer Gegend, in der Alpträume heller Alltag sind. Die Verantwortung für das Fehlverhalten der Soldaten trifft deshalb auch die politische und militärische Führung der Armee. Besonders die rot-grüne Regierung hat die Out-of-area-Einsätze der Bundeswehr heuchlerisch als bewaffnete Sozialarbeiterkommandos getarnt.

Mich wundert zunächst einmal, warum Niemand fragt, wo der Schädel gefunden wurde. Jahrzehnte dauern die Kriege in Afghanistan nun an. Wer will wissen, ob es sich nicht um einen ehemaligen Sowjet-Soldaten handelt, der kein Grab fand?

Die Unsicherheit der gesamten deutschen Führungselite, gepaart mit den schrecklich ernsten Gesichtern von Militärs und Bundeswehr-Fachleuten im TV, basiert noch auf der Geschichte mit dem jüdischen Zahn, der in das Holocaustdenkmal in Berlin eingelassen werden sollte. Einhellig reklamierten jüdische Mitbürger eine Verletzung ihrer Bestattungsriten. Im Falle des Schädels nun reklamierte kein einziger Jude irgendeine Verletzung. Trotzdem ist das Entsetzen unter Deutschen groß, möglicherweise aus Angst, wieder einmal ins Fettnäpfchen zu treten. Die Pietät ist geheuchelt. Vor gar nicht so langer Zeit häuften Deutsche gut sechs Millionen Schädel an, ganze Berge entstanden, die Pietät hatte dafür einen propagandischen Begriff geprägt: "Trotzdem sauber geblieben zu sein." Haben die kleinen Soldaten, auf die jetzt der Unbill in Bergen herabrollt, den Unbekannten des Schädels etwa getötet. Nein!

Eine andere Angst kommt hinzu. Man befürchtet, dass das dienende Verhalten der Bundeswehr in Afghanistan einen Kratzer bekommt. Das Geschrei aber macht den Kratzer erst. Von katholischer Seite war bislang noch nichts zu hören, soviel ich weiß. Dort ist man Vanitas-Darstellungen mit Totenschädeln gewohnt. Tausende Beispiele der Kulturgeschichte mit hunderten der besten Künstler und Philosophen nahmen sich des Themas an und stellten den Totenschädel als Vergänglichkeitssymbol dar. Noch dazu befindet sich der Schädel Adams symbolisch unter dem Kreuz Christi.

Gerade weil die Soldaten angeblich obszöne Demonstrationen mit dem Totenschädel fotografierten, kann in diesem Verhalten auch ein berechtigtes Vanitas-Happening entdeckt werden. Dem Totenschädel, dem drohenden Tod im Land, wurde ein männliches Glied entgegengehalten. Zeugung und Leben vertreiben den Tod. Die Szene wird nur deshalb so entsetzlich verbogen, weil man den jungen Soldaten keinen Instinkt, sondern nur Unsinn zutraut.

Vom Instinkt her gesehen, haben die Soldaten die Konfrontation mit dem allgegenwärtigen Tod in Afghanistan dargestellt - und sie hatten Recht. Die Szene ist wahr, das moralische Geschrei ist verlogen. Es kommt von denen, die Soldaten vom Schreibtisch aus in den möglichen Tod schicken.

Unser Außenminister tutet nun auch in das allgemeine Horn, das die Kulturgeschichte nicht kennt, weil individuelle Beschäftigung mit Vanitas-Darstellungen in Museen fehlt und nun Angsturteile ans publizistische Land schwimmen.

Eine kluge Politik wäre anders. Der Fall bietet die Chance, dass Deutschland sich „reumütig“ aus Afghanistan zurückziehen kann. Die Reue ist dann der Schutz Deutschlands vor dem Terrorismus. Natürlich würde man sich geradezu überschlagen und sagen, die Reue sei nicht nötig. Wenn aber deutsche Politik dann fest bleibt, könnte unser Land richtungweisend werden. In Zukunft wird es nämlich nur noch darum gehen, wie sich westliche Länder am besten herausmanövrieren. Eine solche Chance, wie sie Deutschland jetzt hat, kommt nicht wieder.
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Re: Totenschädelaffäre deutscher Soldaten in Afghanistan

Beitragvon micha » Fr Okt 27, 2006 01:02:40:

micha hat geschrieben:Mich wundert zunächst einmal, warum Niemand fragt, wo der Schädel gefunden wurde. Jahrzehnte dauern die Kriege in Afghanistan nun an. Wer will wissen, ob es sich nicht um einen ehemaligen Sowjet-Soldaten handelt, der kein Grab fand?


Siehe den gestrigen Beitrag oben. Heute kam eine Art Bestätigung. Im Spiegel Online wird zumindest die Gedankenrichtung bestätigt.

Auszug aus Spiegel Online von Heute.

Ein Knochenfeld in der Nähe von Kabul - möglicherweise ein russisches Massengrab - soll Posier- und Fotostation für Soldaten der internationalen Schutztruppe Isaf gewesen sein. Das Verteidigungsministerium konnte den Bericht zunächst nicht bestätigen. Kenner der Szene gingen inzwischen von einem regen Handel mit derlei geschmacklosen Andenken aus, berichtete die "Leipziger Volkszeitung". In Szene-Kreisen sei von Beträgen um die 20.000 Euro als Honorar die Rede, die derlei optische Belege einbrächten. Aus dem Bericht ging allerdings nicht hervor, für welche Art "optische Belege" diese Summen gezahlt worden sein sollen.

Dem Fernsehsender RTL wurden neue Bilder zugespielt, die deutsche Soldaten in Posen mit einem Totenschädel zeigen. Auf einem der mit einer Digitalkamera aufgenommenen Bilder küsst ein Unteroffizier einen Schädel, der auf dem Bizeps seines linken Oberarms liegt. Hinter ihm schaut ein weiterer Soldat zu. Auf einem anderen Foto posiert ein Soldat vor einem Jeep der Isaf, auf dessen Fronthaube ebenfalls ein Totenschädel liegt.


Die Soldaten sind persönlich mit dem Tod konfrontiert, müssen einzeln theoretisch um ihr Leben fürchten. Die Spielerei mit Totenschädeln ist ein Ventil, kann aber auch zusätzliche Ursachen haben, nämlich eine versteckte Emblemensprache unter Neonazis in der Truppe oder in den internationen Truppen. Dann freilich dominieren andere Motive als das Vanitasmotiv, die Konfrontation mit Vergänglichkeit und Tod.

Ein anderes Motiv, das anklang, können handfeste Spekulationen mit der sensationsgierigen Presse sein. Offenbar hat diese Richtung fundtioniert, die BILD war als erstes Presseorgan dankbar.

Wie auch immer, der Tod ist in Afghanistan. Die Soldaten werden dorthin geschickt. Sie wehren sich auf ihre Weise.

Ein Abgleiten in die Niederungen eines Totenverseuchten Kriegsgebietes, in dem noch dazu der Drogentod exportiert wird, ist in der Verantwortung des Bundestages und der Regierung, wenn sie nicht schnellstens Ideen entwickelt, sich daraus zurückzuziehen - die Landesverteidigung wird überdehnt.

Dieser Begriff wäre ein gutes Thema für den Bundestag:

DIE ÃœBERDEHNUNG DER LANDESVERTEIDIGUNG (und das indirekte Andienen zum Schutz der Drogenproduktion in Afghanistan).

Ein anderes Thema wäre:

DARF BÃœNDNISPOLITIK ZU EINER ÃœBERDEHNUNG DER LANDESVERTEIDIGUNG FÃœHREN?

Ein weiteres Thema:

WIRD DIE VERTEIDIGUNG WESTLICHER WERTE ÜBERDEHNT, WENN DAS GESAMTE ATLANTISCHE BÜNDNIS MILITÄRISCH AKTIV WIRD?

Noch einmal wäre zu empfehlen, statt mit Soldaten mit Ausweisungspolitik zu operieren. Für einen getöteten westlichen Terrortoten 10 mutmaßlich radikale Muslime auszuweisen. Das ist ohne Gesetze nicht machbar. Semikriegsgesetze sind nötig, die terminiert sind, solange das Abwehrgebot anhält.

Stattdessen werden junge Menschen in Kriegsgebieten verdorben, während die Verantwortlichen Edelmut zeigen wollen.

Edelmut zeigt auch die Integrations-Gesprächsbereitschaft des Innenministers Schäuble mit Muslimischen Organisationen in Deutschland - aber der eigentliche Fachmann auf diesem Gebiet, Professor Tibi, wird ausgeladen, ignoriert. Der aufgeklärte Edelmut darf nicht vergessen, dass der Islam zwecks Überwindung des dreifaltigen Gottes-Christentums und eines angeblich verbesserungsbedürftigen Judentums gegründet wurde. Der Konflikt ist Gründungsteil. Eine Parallelreligion ist der Islam nicht.

Der falsche Edelmut führt letztlich zu militärischen Einsätzen auf den Schultern junger Menschen, die ihr Land gerne verteidigen würden, aber den Sinn globaler Verteidigungskonstruktionen nicht sehen können. Sie sehen den ganzen Unsinn ganz nah.
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Beitragvon micha » Fr Okt 27, 2006 09:41:04:

Zitat aus Spiegel Online von Heute:
Man müsse sich das Gelände "wie eine große Kiesgrube" vorstellen, sagte der Bundeswehrsoldat der "Bild"-Zeitung. Dort hätten Einheimische Lehm für Ziegel abgegraben - "dabei kamen diese ganzen Knochen raus". Es habe sich nicht um einen Friedhof oder eine Kultstätte gehandelt, behauptet der Mann, der auf der Patrouille dabei gewesen sein soll, auf der die am Mittwoch veröffentlichten Fotos im Jahr 2003 entstanden sein sollen.

Totenschändung in Afghanistan: Am Donnerstag tauchten neue Fotos auf
Der Patrouillenführer habe angewiesen, dass an der Grube gehalten werde. Es habe zwar keinen Gruppenzwang gegeben, sagte der Soldat. "Aber es war schon so: Wenn man das nicht mitmacht, heißt es: Du Weichei, was stellst du dich so an." Der Soldat beschrieb auch, wie die Fotos entstanden seien. "Es wurde dieser eine Schädel genommen. Zuerst hat man ihn hochgehalten und ein Foto gemacht. Dann wurde er aufs Fahrzeug montiert - bis zu dem Punkt, wo der eine sein Glied rausgeholt hat."

Auch Afghanen, die in der Grube Lehm für ihre Häuser geholt hätten, hätten "regelmäßig das Zeug umeinandergeworfen". Da die Einheimischen das nicht "als besonders schlimm" empfunden hätten, habe sich die Patrouille "auch nicht weiter etwas dabei gedacht". Auch ein anwesender Sprachmittler habe sich nicht für die Aufnahmen interessiert.


Es besteht kein Grund, diesem Soldaten nicht zu glauben. Er hat etwas gemeldet. Er blieb anonym.

Die Parlamentswogen waren überflüssig. Der Schädel war für die betreffenden Soldaten offenbar der erste in ihrem Leben, den sie in der Hand hielten. Dagegen ist überhaupt nichts zu sagen. Was soll die künstliche Erregung? Dann war das Glied des Soldaten ehrlicher. Auch eine obszöne Geste kann wahr sein. Ich akzeptiere die Geste gegen den Tod in Afghanistan. Die Soldaten gehören ins Leben, man schickt sie zu Totengruben, man gefährdet ihr Leben stündlich.

Ötzi und Mumien, Knochenfunde der Archäologen, Störungen der Totenruhe mit öffentlicher Akzeptanz - alles das lockt keinen parlamentarischen Gast aus dem Edelbordell heraus, aber auf Knopfdruck ist allgemein die helle Aufregung da, weil junge Soldaten ihre allzu berechtigte Angst um ihr Leben und ihre Zukunft mit einem anonymen Totenschädel aus einer Kiesgrube bei Kabul kompensiert haben. Totenstörung oder gar Schändung, die allgemeine spießbürgerlich-verlogene Fehldeutung, ist bei näherer Betrachtung ja wohl ein Witz. Deutschland macht sich zur Witzfigur. Die Sache zeigt, dass mit Urteilsvermögen auf höchster Ebene nicht zu rechnen ist. Relevant für den Taliban sind anonyme Knochen nicht. Selbst Kinder spielen mit solchen Knochen. Afghanistan ist voll davon. An eine Identifizierung ist nicht zu denken.

Das Rheinsforum erkannte die Situation von Angang an besser, schwamm gegen den allgemeinen Strom, der seine Wasser nun dreht. Vielleicht dauert die Kehrtwendung des Stromes noch ein paar Tage.
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Beitragvon micha » Di Sep 08, 2009 15:47:18:

Statt Spielereien mit einem Totenschädel gab es nun eine Militär-Aktion auf geraubte Tanklastzüge, der Taliban wie Zivilisten zum Opfer fielen. Die Taliban tarnen sich selbst als Zivilisten. Sie sind daran interessiert, dass Zivlisten getötet werden, wenn sie selbst davon kommen. Ihre perfide Strategie der Tarnung und plötzlicher Attentate bringt das Nato-Bündnis in Afghanistan immer mehr in Bedrängnis. Längst ist das Märchen vom zivilen Aufbau parallel zum Krieg geplatzt. Nun sind auch alle Illusionen gerechter Wahlen dahin. Kasai will sich durch massive Wahlfälschung an der Macht halten und weiter Milliarden des Westens kassieren.

Die Nato ist auf ganzer Linie gescheitert. Ein müder Artikel mit der Überschrift 08.09.2009 Umstrittener Militäreinsatz - Warum die Nato in Afghanistan bleiben muss ( http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 69,00.html ) beschreibt im Grunde, warum der Westen schnellstens dort verschwinden sollte.

Die Deutschen sollten den Anfang machen und sich aus Afghanistan zurückziehen. Seit Jahren stellte der Internet-Schreibtisch vRhein diese Forderung auf. Er nannte den Zeitpunkt, als es noch problemlos möglich war. Deutschland hat in Afghanistan nichts verloren. Die Nato führt einen Krieg stellvertretend für den Iran. Das kommt noch hinzu. Dieser Krieg mit demokratischen Aufbau-Phantasien macht zudem Afghanistan unselbständig, korrupt und lethargisch.

Die Partei die LINKE fordert ebenfalls konsequent den Rückzug. Auch der kenntnisreiche Peter Scholl-Latour vertritt diesen Standpunkt. Bevor der Verschuldungs-Hasardeur Barak Obama konkreteren Kriegseinsatz in Afghanistan abfordert, sollten die Deutschen dort handeln und verschwinden. Gegen die merkwürdig verlogene Missions- und Samariter-Politik der Deutschen läuft zurzeit ein Setup anderer Bündnispartner, denen die feine Art der Berliner Duckmäuser-Pinkel schon die ganze Zeit sauer aufstößt

Ich denke, wegen dieser Sache wähle ich die LINKEN, obwohl mir die Altherren-Kader-Partei mit interner Spitzel-Disziplin und veralteter Klassenkampf-Ideologie gehörig gegen den Strich geht. Die Möchtegerne-"Staatsparteien" CDU/CSU, SPD, FDP und die Kriegs-Partei Die Grünen sollten jedoch endlich für ihre Fehlpolitik auf ganzer Linie zur Verantwortung gezogen werden. Keine Stimme für diese Leute, die Deutschland mit Großmacht-Gehabe belasten und das Land herunter gewirtschaftet und in eine Staatsschulden-Falle hineinmanövriert haben!
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