Spiegel Online 13. April 2005:
ANALYSE
Münteferings Wohlfühl-Rhetorik - Von Severin Weiland
Der SPD-Parteivorsitzende Franz Müntefering wettert mit Klassenkampf-Rhetorik gegen die Gefahren eines globalen Kapitalismus. Ein zweifelhafter Ansatz: Die kämpferischen Worte sollen den verunsicherten Genossen neuen Halt geben, doch die Zukunft werden sie nicht aufhalten können.
Berlin - Es sind Sätze, mit denen Studentenführer Ende der sechziger Jahre ihr Publikum zum Toben brachten: "Unsere Kritik gilt der international wachsenden Macht des Kapitals und der totalen Ökonomisierung eines kurzatmigen Profit-Handelns", sprach der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering. Und: "Die international forcierten Profit-Maximierungs-Strategien gefährden auf Dauer unsere Demokratie."
Nun, fast 40 Jahre später, soll aus den Bekenntnissen eine Art sozialdemokratischer Glaubenskatechismus für das 21. Jahrhundert werden: "Die Staatsskepsis ist ein Irrweg. Die Staatsverachtung eine Gefahr. Mit dem modernen Staat ist die Idee der Demokratie überhaupt erst möglich geworden. Er stellt die Institutionen bereit, mit denen Gesellschaften ihr Zusammenleben organisieren können."
Es ging im Kern um Arbeit, die Domäne der Sozialdemokraten. Statt von Arbeit war jedoch von Klassenkampf gegen das "Kapital" die Rede.
Herr Müntefering wurde Klassenkampfrevolutionär von oben, normalerweise kommt der Klassenkampf von unten, seine markanten Ausführungen waren wieder mal ein Sturm im Wasserglas, diesmal verkehrt rum ganz ohne Wasser, unser "Wasserglasmephisto" läßt mich schmunzeln.
Schmunzelnd also möchte ich die Ausführungen um das entscheidende Wort ergänzen, das Wort Arbeit, das ich als Zusammenarbeit verstehe, weil das Zusammenarbeiten die Menschen einander näher bringt (ist viel wichtiger als jeder Tarif). Statt weniger Staat, sodass die Menschen auch Lust bekommen zusammen zu arbeiten, will Herr Müntefering nun noch viel mehr Staat, somit noch mehr Wasserkopf, der die Zusammenarbeit mit dem geschundenen Körper abschnürt, weil zu viele an den Steuertöpfen durchgefüttert werden, ohne eigentlich zu arbeiten oder Impulse für eine Zusammenarbeit zu geben. Die Versorgten flüchten stattdessen in die egoistischen Sphären der privaten Genüsse.
Das "Zusammenleben" von Herrn Müntefering, das gute Leben im Wasserkopf oft ganz ohne Arbeit, nur mit "klugem" Reden, hätte ich ganz gerne durch den Begriff der "Zusammenarbeit" ersetzt.
Der Titel wurde am 16.04.05 07:44 geändert. Statt "Arbeit als Zukunftsperspektive" heißt es nun: "Arbeit, Boden und Kapital - was läuft falsch?"