Berlin - Der Staatsbesuch des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan stellt die deutsch-türkischen Beziehungen auf die Probe. Der CSU-Vorsitzende Erwin Huber wies die überraschende Forderung Erdogans nach Gymnasien und Universitäten mit türkisch-sprachigem Unterricht in Deutschland zurück: Dies sei "Gift für die Integration", sagte Huber der Zeitung "Bild am Sonntag". Die Folge wären Ghettos und eine "Klein-Türkei" in Deutschland.
Dagegen machte der Oppositionsführer im Berliner Abgeordnetenhaus, Friedbert Pflüger (CDU), Positives an Erdogans Vorschlag aus. "Ich setze mich für eine private türkische Elite-Universität in Deutschland ein", sagte Pflüger, der auch CDU-Präsidiumsmitglied ist, dem Blatt. Die türkischstämmige Bevölkerung der Bundesrepublik brauche Eliten und dafür brauche sie Vorbilder aus ihren eigenen Reihen.
Identitäts Verlust und Elite Universitäten geistern in den Köpfen. Der Schreibtisch nimmt dazu Stellung:
Richtig wäre eine türkisch gestützte Universität mit Germanistik im Pflicht Nebenfach für alle Studenten. Huber macht den Fehler, den Anteil der Deutsch Türken auszugrenzen und gleichzeitig die Universität als solche anzugreifen. In jeder Universität ist schon deshalb Mehrsprachigkeit unumgänglich, weil Fachartikel in allen Fächern Länder übergreifend sind.
Herr Pflüger macht den Fehler, den Vorschlag Erdogans in der Unions Schublade Elite Universitäten zu verstauen und mit pädagogischem Eifer Eliten für Türken züchten zu wollen.
Beide haben völlig übersehen, dass jede Universität eine Stütze des säkularen Systems der Türkei wäre, weil Wissenschaft religiöse Fragen ausgrenzen muss. Auch für Deutsche, denen die Türkei wichtig ist, könnte sich eine solche Universität als sehr gute Alternative erweisen.