Die Frage ist auch, wer die anspruchsvolle Gliederung der Arbeit verfasst hat. Sicher nicht Herr zu Guttenberg. Das Handling seiner ganzen Dissertation spricht absolut dagegen. Wenn das Korsett der Arbeit nun aber so anspruchsvoll war, dass es von anderer Hand angepasst wurde, erklärt sich der sachliche Schlingerkurs zu Guttenbergs besser. Er sagte nun auch vor der Presse, er habe den Überblick über die Quellen verloren. Das Wort "verloren" stimmt wieder nicht ganz. Eine Vorweg-Gliederung von anderer kompetenter Hand lässt auch vermuten, dass zu Guttenberg eventuell sogar erst zu einer Dissertation animiert wurde, als er schon in der Politik tätig war, diese Grund-Idee gar nicht von ihm stammt. In der Diskussions-Runde kam ebenfalls heraus, dass eine Dissertation für seine Karriere eigentlich überflüssig wie ein Kropf war.
Ich wiederhole hier die Frage von oben: Kann sich nun irgendjemand in diesen wissenschaftlichen Auftragnehmer und eventuell Animator hineinversetzen? Auch er hat menschliche Schwäche, wie jeder, auch ich natürlich. Also veränderte er zunächst seine eigenen Texte, die in die Dissertation einflossen, nur sehr gering - schon aus Eitelkeit. War er erst einmal wütend darüber, seine eigenen Texte verschenken zu sollen und wurde ihm klar, dass er zu einer rechtlich fragwürdigen Tat angestiftet worden war, muss dies Konsequenzen gehabt haben. Er veränderte auch andere Texte nur sehr geringfügig - aus Genugtuung und "Rache" dafür, dass er missbraucht wurde.
Der Sachverhalt war also: zu Guttenberg stiftete zu einer unsauberen Beteiligung an, um sich frei zu machen und mehr Zeit für seine patriotischen Ziele zu haben. Diese rechtfertigten seine Anstiftung vor ihm selbst. Die Schieflage der Arbeit führte dazu, dass er betrog und betrogen wurde, wie oben vermerkt.
Kanzlerin Merkel ist wegen des Hamburger Wahl-Desasters der CDU so unsicher geworden, dass sie einen Bruch im Verteidigungs-Ministerium nicht obendrein noch verkraften will. Sie verteidigt also zu Guttenberg. Es geht aber nicht um ihre Berufungs-Modalitäten im Fall zu Guttenberg, die sie vorschob, sondern ob dieser auf hohem Niveau getäuscht hat, um seine Karriere zu puschen. Nun steht er als Hochstapler da, schlimmer geht es nicht. Der Ordinarius der juristischen Fakultät in München, die eine Art Oberaufsicht über die anderen Universitäten in Bayern ausübt, hat klar gemacht, dass der Titel aberkannt werden wird und dass eine Selbst-Aberkennung durch den Autoren nicht möglich ist.
Die wissenschaftliche Ebene ist das eine. Betrug und Täuschung das andere. Die charakterliche Qualifikation des Ministers ist dahin. Der Fall kann zur Vorstrafe führen. Gerichtsurteile in weniger krassen Fällen existieren. Kann zu Guttenberg als Minister und Politiker überhaupt noch "gerettet" werden? Sicherlich nicht durch einen Seehofer, der schadet in diesem Fall nur.
Zu Guttenberg hat sich von seinem eigenen Patriotismus blenden lassen, hat die Dimension, die eine wissenschaftliche Erstlings-Arbeit hat, die zu einem Namens-Zusatz führt, nicht richtig eingeschätzt. Damit ist er auf die schiefe Bahn geraten. Was Robin Hood für die Armen war, ist zu Guttenberg für den fehlenden deutschen Patriotismus. Beide haben wegen höherer Ziele die schiefe Bahn in Kauf genommen, der letztere hat sie verdrängt, will ich mal annehmen. Es würde sich lohnen, zu Guttenberg zu "retten" - aber er muss dazu Hürden nehmen.
1. Zu Guttenberg muss nun die ganze Wahrheit sagen. Und zwar vor der Verhandlung in Bayreuth, die ohne ihn abläuft. Sie könnte lauten: Ich habe mich verführen lassen und habe falsch delegiert. Ich habe die Bedeutung und den Sinn einer Dissertation nicht richtig eingeschätzt. Ich habe die Qualität der Arbeit durch einen wissenschaftlichen Stand aufbessern wollen. Ich habe in den nachgewiesenen Fällen nicht zitiert, weil es einen Konflikt zwischen einem oder mehreren Helfern gab. Ich habe die Abgabe der Arbeit zu lax behandelt, weil mir die Folgen nicht klar waren. Folgende Teile der Dissertation stammen aus meinem eigenen Gedanken-Gut: nun eine Aufzählung dieser Teile. Das wäre wichtig und würde auch von den Medien wiedergegeben werden, schon um die Internet-Meute zu einer erneuten Prüfung zu animieren. Im Augenblick ist der Eindruck entstanden, zu Guttenberg habe nichts Eigenes geleistet. Dem muss er entgegentreten, wenn er tatsächlich einen eigenen Kern zur Wissenschaft hinzugefügt hätte.
2. Er kann den Spieß umdrehen und sich zum Anwalt der Sünden in der Politik machen, die andere Menschen benutzt, zum Teil auch über Berater-Firmen indirekt ausbeutet, weil sich einzelne Politiker einfach des Gedankenguts anderer bedienen und die Urheber wissentlich unter den Tisch fallen lassen.
3. Er kann auf unsere National-Hymne verweisen. Sie ist eine Verfälschung des Deutschland-Liedes von Hoffmann von Fallersleben. Auf diese Weise kann zu Guttenberg nachweisen, dass alle Deutschen auf eine Zuteilung von Helmut Kohl hereingefallen sind, die eine Geschichts-Fälschung darstellt. Dazu kann er meine Analysen nutzen und gleichzeitig nachweisen, dass er das Zitieren gelernt hat. Hier bietet sich eine gute Gelegenheit, Patriotismus und Zitier-Akribie zu verbinden und zu zeigen, aus eigenen Fehlern gelernt zu haben.
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Nachtrag 22/Februar/2011 12:30 +1
Zu Guttenberg hat nun schnell ausdrücklich auf seinen Titel für immer verzichtet. Die Universität Bayreuth zeigt sich unbeeindruckt und wird die Sache verhandeln. Der Verzicht sei Privatsache des Ministers.
Ein Run auf die Ungültigkeits-Feststellung begann. Zu Guttenberg wollte den (privaten) Verzicht mit der Versicherung verbinden, er habe zu keiner Zeit absichtlich betrogen. Ein "Ghostwriter" habe es nicht gegeben. Dann aber steht die Dummheit im Raum, selbst in der Einleitung kopiert und nicht zitiert zu haben, gepaart mit der belegbaren Absicht, den geklauten Text etwas zu verändern. Zu Guttenberg ist so dumm nicht. Also stimmt etwas nicht an seinen Unschulds-Aussagen.
Nein, keinen Ghostwriter, aber Helfer gab es, denke ich mal. Hauptansatzpunkt, die Wahrheit herauszufinden, dürfte die Gliederung sein. Kann sie von zu Guttenberg stammen, wenn er jetzt sagt, die Dissertation enthalte so gravierende Fehler, dass sie ungültig ist. Die Gliederung ist zu gut, konnte schwer mit Inhalt gefüllt werden. Lüge steht also im Raum. Ein oder mehr Helfer gibt es im Hintergrund wohl doch. Der "wissenschaftliche Dienst" kommt mir wieder in den Sinn.
Zu Guttenberg versucht nun eventuell, gelogene "Fehler" zuzugeben, um aus der Sache heraus zu kommen. Das Internet wird die Widersprüche aufklären. Wir haben das gleiche Phänomen wie in Ägypten. Politischer Einfluss unterliegt gegen eine junge Internet-Community. Das Material ist ein gefundenes Fressen und entbehrt neuerdings nicht einer gewissen Komik, da zu Guttenberg im Bier seiner CSU-Kumpanen den Befreiungs-Schlag versucht und den ehrwürdigen Honoratioren bayerischer Universitäten vorgreift. Vielleicht sind diese ja ebenso abhängig von der CSU-Führung
wie es die Bayerische Landesbank war/ist (Milliarden verzockter Steuergelder). Falls sie nicht spuren, werden ihnen einfach Mittel gestrichen. Die Hoffnungen ruhen daher auf der schlauen und jungen Internet-Community.